(translation: “extremely interesting”)
Performance, video, 2015
@ Dubuffets Liste, Sammlung Prinzhorn Heidelberg

Als ich 2012 nach Heidelberg gezogen war, entdeckte ich das Museum Sammlung Prinzhorn für Kunst von Menschen mit psychischen Ausnahme-Erfahrungen. Wie andere Künstler vor mir habe ich eine große Lust gespürt, mich selber auf die Sammlung zu äußern. Die partizipatorische Arbeit extrem interessant ist für mich nur eine unter vielen Möglichkeiten, auf so eine tolle Sammlung zu reagieren.

Ich habe Menschen unterschiedlicher Alters- und Berufsgruppen eingeladen, sich mit einigen Arbeiten aus der Sammlung auseinanderzusetzen, die von dem französischen Maler Jean Dubuffet kommentiert worden waren, als er die Sammlung 1950 besuchte. In seiner Liste bewertete er die gesehenen Werke – meist in knappen Worten (z. B. „extrêmement intéressant“, „pas bien“ oder sogar „mediocre“). Die Ausstellung Dubuffets Liste rekonstruierte möglichst umfassend Dubuffets Blick auf die Sammlung.

Mit nur einer Ausnahme haben sich die eingeladenen Gäste zu zweit die Arbeiten im Museum angeschaut; ich habe die jeweilige Situation mit der Videokamera festgehalten.

extrem interessant zeigt die Gespräche, die diese Personen führten. Jede von ihnen wählte eine Reproduktion eines Bildes aus, so dass immer zwei Bilder besprochen wurden. Die Reproduktionen sind für die Kamera nicht sichtbar. Das heißt, dokumentiert wurde nur die Rezeption.

Für die Gespräche wurden aus der Fülle der Exponate 15 in eine Vorauswahl genommen – eine konzentrierte Subgruppe der Ausstellung mit Werken, die Dubuffet definitiv gesehen und beurteilt hat. So könnte man seine Bewertungen neben heutige Reaktionen stellen.

In der Dialogsituation sind die Bilder unmittelbar für beide Dialogpartner präsent. Sie schildern ihre ganz persönlichen Eindrücke, beschäftigen sich relativ lange mit den Werken, sie tauchen miteinander in die Bilder ein, entdecken beim Sprechen weitere Details und bücken sich, um genauer zu schauen. Worte reichen oftmals nicht aus, Gesten werden zu Hilfe genommen.

Weil die Teilnehmer nur Kopien vor sich haben, können sie sogar die Bilder berühren und drehen, wovon sie tatsächlich häufig Gebrauch machen.

Die Dialogpartner beziehen sich dabei in entspannter Konzentration auf einen Gegenstand, der dem Betrachter des Videos entzogen bleibt. Dieser ist eingeladen, sich anhand der Beschreibung sein eigenes Bild zu machen und sich in (dem Katalog) der Ausstellung auf die Suche nach den beschriebenen Werken zu begeben. Dabei kann er sowohl Dubuffets Urteil wie seine eigene Einschätzung prüfen und reflektieren.

MEHR:

(Übersetzung: “Der Bedeutsamkeitsinstinkt”)                                                                                                                                                      
Performance

The Mattering Instinct ist eine Lecture-Performance und Installation, in der philosophische Ideen nicht nur durch Sprache vermittelt werden, sondern auch durch Objekte und Spiel, Bewegung und Gesten. Anstelle der in der Wissenschaft üblichen PowerPoint-Präsentation werden die Möglichkeiten künstlerischer Inszenierung erkundet.

Der Arbeit liegt die „mattering theory“ der bekannten U.S.-Amerikanischen Philosophin Rebecca Newberger Goldstein zugrunde. Aus ihren Aufsätzen, Reden und Interviews kompilierte ich das Skript für die Lecture-Performance. Eine Rauminstallation wird von der Figur einer Philosophin und von zwei Tänzer*innen bespielt. Die Darstellenden verkörpern die philosophischen Gedanken unter Verwendung von verschiedenen Objekten und szenischem Spiel, setzen sie um und kommentieren sie. Abstrakte Sachverhalte werden so für ein breiteres Publikum sichtbar und zugänglich gemacht.

Darüber hinaus entfaltet die Performance zusätzliche Dimensionen: Sie transformiert die philosophischen Ideen spielerisch und mit Humor, ohne den konzeptionellen Kern aus dem Auge zu verlieren. Die Erstaufführung findet 6. und 7. Mai 2022 in der Heiliggeistkirche Heidelberg statt. Danach läuft dort bis Oktober 2022 eine Videoinstallation der Performance, mit einer Broschüre für die Besucher (englische Originalfassung und deutsche Übersetzung).


Sobald wir wissen, dass wir sind, wollen wir, dass das, was wir sind, etwas bedeutet, dass wir von Bedeutung sind, dass wir „Bedeutsamkeit“ besitzen. Diese „Bedeutsamkeit“ ist für Menschen wesentlich:

„Wir können kein Eigenleben führen, ohne zu glauben, dass unser Leben von Bedeutung ist … klinische Depression ist der Zustand, wenn man überzeugt ist, dass das eigene Leben nicht von Bedeutung ist und dass es nie von Bedeutung sein wird. Das ist eine pathologische Haltung und es hebt durch diese Pathologie die Funktion hervor, die der ‚Bedeutsamkeitsinstinkt‘ normalerweise hat. Denn um eine vollständig lebenstüchtige, nicht deprimierte Person zu sein, muss man leben und handeln als hätte man selbstverständlich ein Eigenleben zu führen, als ob man im eigenen Namen handeln darf, dass man seine eigenen Ziele verfolgen kann und darf. Und dass wir das Recht besitzen, in Übereinstimmung mit unserem Bekenntnis, dass wir von Bedeutung sind, dass wir Bedeutsamkeit besitzen.“ (Auszug aus dem Interview, The Mattering Instinct: A Conversation with Rebecca Newberger Goldstein der Edge Foundation, 2016, übersetzt von Janet Grau)

Performance / Fotografie, 2016-2018
Ausstellungen:
‘Zwischenspiel’ @ Gedok-Galerie Heidelberg, 16. Sep – 21. Okt 2017
@ Heidelberger Kunstverein, 6. Mai – 8. Jul 2018

Im Projekt Wunschbilder arbeiteten Laien und Profis zusammen, um die teilnehmenden Geflüchteten zu ermutigen, ihren Hoffnungen und Wünschen Ausdruck zu verleihen. Ausgehend von ihren Fluchterlebnissen und der komplizierten Situation des Ankommens in Deutschland entstanden Bilder, die sowohl Erlebtes als auch Erwünschtes darstellen. Diese „Wunschbilder“ markieren einen möglichen Weg und erkennen die Fiktion als bedeutende Kulturtechnik an.

Regie für die Inszenierungen übernahmen Mohamad Alraghban (Damaskus) und Taisir Al Nakib (Mosul). Ella Kehrer begleitete die Arbeit im Projekt fotografisch.

Gefördert durch den Innovationsfonds Kunst des Landes Baden-Württemberg und das Kulturamt der Stadt Heidelberg.

Kooperationspartner:

Projektblog: wunschbilder.wordpress.com

(Übersetzung: “Lös es auf”)
Performance & Video, 2015
@ SIGNALWEGE. Eine Begegnung von Kunst und Wissenschaft, Rudolf-Virchow-Zentrum für experimentelle
Biomedizin Würzburg
Zusammenarbeit mit dem Musiker Young roDDie, den Tänzer_innen Lisa Kuttner & Andrea Kneis (Tanzraum
Würzburg), sowie Michael Lamprecht, Krzysztof Malicki & Alexander Pollner (Dancefloor Destruction Crew)

Eigens für die Ausstellung „SIGNALWEGE“ im Rudolf-Virchow-Zentrum für experimentelle Biomedizin Wuürzburg entwickelt, Break it Down („Lös es auf“) verwendet Tanz und Rapmusik, um komplexe wissenschaftliche und religiöse Sachverhalte zu erforschen und Zusammenhänge zu finden.

Der Songtext, in Zusammenarbeit mit dem Musiker Young roDDie (Kamerun/Mannheim) geschrieben, zitiert biomedizinische Forschung und existentielle Fragen. Die Choreografie übersetzt biomolekulare Wechselwirkungen, wie z.B. zwischen Proteinen und anderen Molekülen, die von grundlegender Bedeutung für den ganzen Organismus sind.

Die Ausstellung, von Ulrike Lorenz und Anne Vieth kuratiert, war Teil des Kunstprojekts zum Konzilsjubiläum 2015, „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ der Deutschen Bischofskonferenz.

Break it Down setzt Bilder und Gedanken um, die aus dem Arbeitsprozess vor Ort selbst hervorgehen. Das Ausgangsmaterial wurde gewonnen aus Recherche und Gesprächen (mit Wissenschaftler_innen des Rudolf-Virchow-Zentrums), aus Improvisation und Experimentieren (beim Tanzworkshop und den Proben mit Profis und Laientänzer_innen), sowie aus der Auseinandersetzung mit der pastoralen Konstitution des 2. Vatikanischen Konzils („Gaudium et Spes“ – „Freude und Hoffnung“).

Spezifische Strukturen in Proteinmolekülen (z.B. „random coils“ oder sogenannte Zufallsknäuel) sowie tatsächliche Funktionen von Proteinen in der Zelle wurden in der Performance umgesetzt, z.B. die „Motorproteine,“ die für den Transport von Substanzen innerhalb und außerhalb der Zelle verantwortlich sind.

Die Schlussszene der Performance sowie der Refrain am Ende des Lieds – „It’s a jungle in there“ – verweisen auf die zusammengedrängte Konkurrenzsituation in jeder menschlichen Zelle, das sogenannte „molecular crowding“ im Zytoplasma. Gleichzeitig ist es ein Hinweis auf die Tatsache, dass der menschliche Körper eine schier unglaubliche Komplexität aufweist – jede Zelle ist dicht und voller noch nicht ausreichend erforschter Zusammenhänge. Die Szene wurde in lebensgroße Stanzfiguren festgehalten, die auf einem Vorsprung über dem Video in der Ausstellung standen.

Wissenschaftliche Beratung: Dr. Katrin Heinze, Prof. Dr. Caroline Kisker, Dr. Sonja Lorenz und Dr. Ann Wehman. Weitere Unterstützung: Jessica Lutz, Jugendkirche Würzburg. Co-Produktion Video: SkyscreamArts

Scientific consultation: Dr. Katrin Heinze, Prof. Dr. Caroline Kisker, Dr. Sonja Lorenz und Dr. Ann Wehman. Further support: Jessica Lutz, Jugendkirche Würzburg. Co-production video: SkyscreamArts

MEHR :

Führung, Video & Installation, 2014
@ PCK-Kunst 2.0: Neue Sicht auf alte Bilder, Kunstverein Schwedt

2014 wurde ich nach Schwedt eingeladen, um mich mit den „alten Bildern“ aus dem Bestand des ehemaligen VEB Petrolchemischen Kombinates Schwedt (heute PCK Raffinerie GmbH Schwedt) auseinanderzusetzen. Der Betrieb hat zu DDR-Zeit gezielt mehrere hunderte Kunstwerke gesammelt bzw. in Auftrag gegeben und die Werke regelmäßig ausgestellt. Seit 1989 ist aber diese Kunstsammlung für ein breites Publikum unzugänglich.

Ich fragte mich, wer diese „alte Bilder“ sehen soll und darf. Mit dem Projekt Sag mir wo die Blumen sind schaffte ich einen Zugang zu dieser Kunstsammlung für die Zuschauer, die diese Kunst sonst nicht sehen würden oder sogar können. Mit Jugendlichen vor Ort habe ich ein Video und eine Führung durch ausgewählte Kunstwerke der PCK-Kunstsammlung speziell für Blinde und Sehschwache habe konzipiert und ausgeführt.

„Stell Dir vor, Du stehst vor diesem Kunstwerk und kannst es nicht sehen. Was möchtest Du darüber erfahren?“ Ausgehend von den Bildtiteln wurden zu jedem Werk Fragen gestellt. Diese beantwortete ich mit meinem jungen Team in Schwedt. Enrico Frontzek, Mirjam Bunn und Angie Winkel arbeiteten mit mir zusammen, um die ausgewählten Kunstwerke anschaulich und lebhaft zu beschreiben. Die Fragen und Beschreibungen wurden von Viola Brocker aus Schwedt für das Video gesprochen.

Aus den insgesamt 23 für die Führung ausgewählten Werken habe ich dann elf in einer Videoarbeit präsentiert, die zusammen mit Arbeitsskizzen und einer Bildbeschreibung in Blindenschrift in einer Installation im Kunstverein Schwedt ausgestellt wurde. Dort fing auch die Führung für Mitglieder des Schwedter Blinden- und Sehschwachenverbandes an, danach wurde sie auf dem PCK-Gelände fortgesetzt. Die Besucher hatten vor Ort die Möglichkeit, die Kunst über Tasten und die von den jungen Künstler_innen gesprochenen Beschreibungen kennenzulernen.

(Übersetzung: “Ich Glaube, Ich Weiß, Was Du Sagen Willst”)
Installation mit Fotografie, Video, Zeichnungen & Objekten, 2014
@ Atelier und Künstler, Kommandantenhaus Dilsberg

I Think I Know What You Want To Say ist ein Kunstwerk, das sich mit der Idee beschäftigt, etwas Ungegenständliches zum Gegenstand einer Sammlung zu machen, nämlich die menschliche Körpersprache, unsere Gesten und Gebärden. Wie kann ich eine solche imaginäre Sammlung anlegen, sie organisieren und für andere sichtbar machen? Welche „Nichtgegenstände“ nehme ich in meine Sammlung auf? Kann ich meine noch nicht existierende Sammlung zuerst ordnen, um dann nach meinem angelegten Ordnungssystem gezielt zu sammeln? Welche Rolle spielt die Sehnsucht, welche der Zufall?

In dieser Arbeit geht es auch um zwischenmenschliche Kommunikation und um den Prozess der Zusammenarbeit, um das Verstehen (bzw. Missverstehen) des Gegenübers. Wie weisen wir Gedanken und Einstellungen, auch Wünsche und Absichten, anderen Individuen zu? Verstehe ich wirklich, was Du mir sagst? Verstehe ich, was Du mir sagen WILLST?

Die in Videos und Bildern zu erlebenden Gesten wurden nach 13 von mir aufgestellten Kategorien gesammelt (die wiederum als Text-Zeichnungen selbst Teil der Installation bilden):

Ich habe mit mehr als 40 Menschen in Heidelberg und Umgebung gearbeitet, um die Sammlung zusammen zu stellen.

 

ANDERE ÜBER DIE ARBEIT
Dr. Hans-Jürgen Buderer (ehem. Direktor Kunst- und Kulturgeschichte, Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim) im Ausstellungskatalog über die Arbeit:

„Hinter dem ein wenig verspielt poetischen Titel verbirgt sich eine der für Janet Grau so typischen subtil und differenziert durchdachten Aktionen, die in der Ausstellung im Kommandantenhaus auf dem Dilsberg dem Besucher in einer Medieninstallation bildnerisch gegenwärtig wird. […] Betrachtet man den Gestenkatalog, den Janet Grau entwickelt… [wird es deutlich, dass sie] die Ordnungskriterien ihrer Gestensammlung nicht aus der wissenschaftlichen Strukturierung beobachteter Gestenformen ableitet. In deutlicher Analogie zu Italo Calvino entwickelt sie einen Katalog aus der Reflexion über mögliche subjektive Bedürfnisse und Erwartungen eines imaginären Beobachters. […] Das Projekt I Think I Know What You Want to Say impliziert einen die Künstlerin immer wieder inspirierenden Grundgedanken, nämlich die Frage, ob und wie wir uns in unseren gängigen Formen der Kommunikation überhaupt verstehen.“

Kuratieren / Project & Video / Installation, 2012
Zusammenarbeit mit Elli, Kitty, Lena, Lilly, Lizzy & Wiebke
Richard-Wagner-Stätten Graupa

Im Jahr 2011 wurde ich eingeladen, eine Ausstellung für die Richard-Wagner-Stätten Graupa zu verwirklichen, die ein breites Publikum erreichen und Aufmerksamkeit auf den neuen Ausstellungsort – den Jagdschloss Graupa – lenken sollte. Ich habe mich entschieden, mich auf eine einzige Oper von Richard Wagner zu konzentrieren – nämlich die Oper „Lohengrin“, an der Wagner im Sommer 1846 in Graupa gearbeitet hat – und mit Schülerinnen aus der Gegend eine Videoarbeit zu dieser Oper für die Ausstellung zu schaffen.

Mit Szenen aus unserem Arbeitsprozess zeigt das Video Mein lieber Schwan! Ein Wechselspiel mit Richard Wagners „Lohengrin“ – auf unterhaltsame und lyrische Art und Weise – einen Annäherungsversuch. So wie die Mädchen spielerisch ihren Zugang zu Wagners Oper finden, werden die Zuschauer eingeladen, dies ebenfalls zu tun.

Bei den Proben und der Dreharbeit im Lohengrinhaus / Richard-Wagner-Stätten Graupa haben wir gemeinsam verschiedene spielerische Antworten auf die Oper entwickelt. Diese bewegten sich immer zwischen der Rezeption der Musik einerseits und der eigenen Fantasie andererseits, die durch Wagners Musik und die Geschichte vom Ritter Lohengrin geweckt wurde. Diese Aufnahmen habe ich dann für das Video verwendet, um die Geschichte dieses kreativen Prozesses zu erzählen.

Wir konzentrierten uns auf das Erscheinen des Ritters gegen Ende des ersten Aktes von Wagners Oper: Lohengrin kommt nach Brabant, um die angeklagte Jungfrau Elsa in einem Gottesgericht zu verteidigen. Die Szene ist nicht nur musikalisch und dramaturgisch sehr spannend, sondern hat schon immer eine große Faszination ausgeübt. Sie stellt auch immer eine Herausforderung für jede neue Bühnenproduktion dar, denn Lohengrin tritt nicht einfach auf die Bühne, sondern er wird, auf einem Kahn stehend, von einem Schwan herangezogen! Die Szene ist märchenhaft, rätselhaft, seltsam und wunderschön zugleich.

Das Video wurde in einem Ausstellungsmobiliar präsentiert (Bilder rechts), das gleichzeitig assoziativ Bezug auf inhaltliche Elemente der Oper nimmt und in Zusammenarbeit mit dem Architekten Roland Züger entstanden ist (www.kesselzueger.com).

MEHR über die beteiligte Institutionen:

Fotografie, 2011
Zusammenarbeit mit Emma B.
@ Folge der Generationen, Motorenhalle. Projektzentrum für zeitgenössische Kunst, Dresden

Inszenierte Fotografie und Texte: 6 Inkjetdrucke auf Aludibond, je 60 x 40 cm und 6 Texttafeln (Druck auf Aluminium), je 14 x 20 cm

Für die Ausstellung Folge der Generationen @ Motorenhalle. Projektzentrum für zeitgenössische Kunst in Dresden geschaffen.

Ein Spätsommernachmittag, wir haben einen Plan. Alle sind an diesem Nachmittag weg und wir haben die Bude für uns allein: die Mietwohnung in der Oberlausitz, welche die Familie schon seit fast einem halben Jahrhundert bewohnt. Voller Zeug, voller Geheimnisse, voller Versteckmöglichkeiten. Wir erkunden, wir dokumentieren, wir kichern und wir arbeiten schnell. Wir wollen diesen gemeinsamen Moment festhalten – unsere Zeit zusammen, unser Projekt, unser Spiel: „Ich sehe was, was du nicht siehst!“

Nach unserer Aktion in der Wohnung ihrer Großeltern haben Emma B. und ich mehreren Familienmitgliedern die Fotos gezeigt und sie gebeten, zu sagen, was auf dem Bild zu sehen ist. Zu Emmas Erstaunen und Freude haben ihre Verwandten meistens nicht erkannt, dass dort etwas anders als sonst ist (nämlich dass sich Emma in jedem Raum/Bild versteckt hat): Sie sehen das, was sie dort erlebt haben. Die jeweils neun verschiedenen Bemerkungen zu jedem Foto sind natürlich sehr subjektiv: voller Erinnerungen, Gefühle, Entschuldigungen, Andeutungen. Über das Sichtbare hinaus werden den Ausstellungsbesuchern so weitere Dimensionen der privaten Räume eröffnet.

Kuratieren / Projekt & Foto / Video / Installation, 2010
Kunstsammlungen Zwickau

Im Jahr 2010 wurde ich für die Konzeption, Gestaltung und Ausführung einer großen Ausstellung zu Robert Schumanns 200. Geburtstag in die Zwickauer Kunstsammlungen eingeladen. Meine Aufgabe war es, die Rezeption Robert Schumanns und seiner Musik in der bildenden Kunst vom 19. bis zum 21. Jahrhunderts zu präsentieren. Die Museumsleiterin Petra Lewey wollte mit dieser Ausstellung „einmal den Versuch wagen, sich dem Komponisten nicht nur theoretisch, also kultur- und rezeptionsgeschichtlich zu nähern, sondern mit Strategien der zeitgenössischen bildenden Kunst, um Robert Schumann und seine Musik auf ungewohnt visuell emotionaler Ebene erlebbar zu machen.“

Für Seit ich ihn gesehen – Reflexionen zu Robert Schumann in der Kunst (dokumentiert im gleichnamigen Ausstellungskatalog) habe ich ca. 250 sehr heterogene Objekte und Kunstwerke aus verschiedenen Sammlungen und Schumann-Interpretationen aus Kunst, Literatur, Film, Kunstgewerbe und Alltag in sieben Themenräumen arrangiert und mit meinen eigenen künstlerischen Gedanken und Positionen in Berührung gebracht, manchmal konfrontiert. Mir war es wichtig, die kunsthistorische Rezeptionsebene mit der ganz konkreten Präsenz Schumanns in der Gegenwart zu verbinden.

Um eine Reihe neuer Kunstwerke für die Ausstellung zu erarbeiten, habe ich mit verschiedenen Menschen (Musikwissenschaftlern, Sammlern, jungen Musikern, Musikliebhabern, Schülern und Studierenden) gearbeitet. Entstanden sind Foto- und Videoarbeiten (u.a. acht Musikvideos zu Liebesliedern von Schumann, in Zusammenarbeit mit Jugendlichen geschaffen), Rauminstallationen, ein Plakatwettbewerb („Robert!“, eine fiktive Image-Kampagne für Robert Schumann) sowie interaktive digitale Arbeiten (u.a. eine Zusammenstellung von YouTube-Videos, über ein Flash-Interface steuerbar). Einige dieser Arbeiten wurden nach der Ausstellung vom Robert-Schumann-Haus in Zwickau angekauft und dauerhaft installiert.

Ein lebendiges Begleitprogramm bot mehrere Möglichkeiten, aktiv mitzuwirken: Z.B. bei dem „Tango Schumann“-Workshop mit dem Londoner Performance-Künstler Anthony Howell und der südafrikanischen Tänzerin Lindi Köpke (Siehe Tango Schumann).

MEHR über die beteiligte Institutionen:

Installation, Fotografie, Video (Denkmal für die Schriftstellerin Irmtraud Morgner), 2008
Stadtbibliothek Chemnitz (dauerhaft installiert)

Vier inszenierte Fotografien in Leuchtkästen (je 60 x 40 cm) und ein digitales Nachschlagewerk (Bilder, Texte, Videosequenzen)

Als Denkmal für die Schriftstellerin Irmtraud Morgner in ihrer Geburststadt Chemnitz habe ich die Arbeit Irmtraud Morgner Lesen gemacht, die eine spielerische Interpretation ihrer Arbeiten und Ideen bietet, um das Publikum zu motivieren, mehr über die Autorin und ihr Werk zu entdecken.

Über einen längeren Zeitraum habe ich mit vielen Mitwirkenden gearbeitet. Gemeinsam haben wir Elemente, Szenen und Bilder aus dem literarischen Werk Irmtraud Morgners neu imaginiert, neu kombiniert und neu geschaffen. Zentrale Themen Morgners (z.B. utopische Ideale, Feminismus, die kulturpolitische Situation in der DDR) wurden durch diesen konzeptionellen Prozess aufgenommen und für die Kamera inszeniert.

 

Das Denkmal ist nun in der Stadtbibliothek Chemnitz zu finden, bestehend aus drei Elementen: „Lesen“, „Nachlesen“ und „Vorlesen“.

Der Bereich „Lesen“ präsentiert die Fotos und fordert die Besucher auf, sie zu „lesen“. Eine einfache, Flash-basierte Navigation führt Besucher zu weiteren Informationen, in drei Bereiche untergebracht:

Bei den Inszenierungen haben Thilo Fröbel (Kamera) und Robert Thiele (Video, Assistenz) mitgearbeitet.
Eine Ausstellungskopie von Irmtraud Morgner Lesen wurde bereits zweimal ausgestellt, zuletzt in der Ausstellung „Entdeckt! Rebellische Künstlerinnen in der DDR“, Kunsthalle Mannheim, 2011.

MEHR: