Das bekannte Brettspiel „Spiel des Lebens“ basiert auf sehr spezifischen Vorstellungen von Karriere und Konsum und konzentriert sich auf Ausbildung, Beruf, Geldverdienen, Konsum, Ehe und Kinder. Andere Facetten des Lebens werden so gut wie ausgeblendet. Die klischeehaften Lebensziele entsprechen konventionellen Rollenbildern.

Das LEBEN SPIELEN ist ein neues Spiel, ein Spiel, das durch eine Form der spielerischen Forschung entstanden ist, sowie ein Gespräch über das Zusammenleben in unserer Gesellschaft, über unsere Werte, Wünsche und Ziele, über Weggabelungen und über wichtige Entscheidungen.

Diese Neuauflage des Spiels ist aus den Ideen, Wünschen und Visionen der mitspielenden Nachbarn entstanden.

Das neu gestaltete Spiel ist gleichzeitig ein Medium für Gespräche und ein Anlass zum Austausch. Es existiert als Kunstinstallation. Es ist ein Raum zum Abhängen, aber auch ein großflächiges Spielbrett mit Rollern und Rampen, mit Glücksrad und Spielgeld.

(Übersetzung: “tragbarer Dachboden”)
Performance & Installation, 2007-2009
@ Zamieszkanie / Sich Einrichten / Inhabiting, BWA Gallery Wrocław, Polen
@ Ohne uns! Kunst & alternative Kultur in Dresden vor und nach ’89, Ausstellung Prager Spitze, riesa efau. Kultur
Forum Dresden

Eins der überraschenden Nebenprodukte des Projekts public attic / ausgestellter speicher waren die großzügigen Geschenke, die ich von den Familien, deren Dachböden ich besucht hatte, erhalten habe, darunter ein wunderbares altes selbstgebautes Puppenhaus. Ich beschloss, das Puppenhaus in eine zweite Arbeit über Dachböden und deren Besitzer zu integrieren. Diesmal folgte ich einer völlig anderen Prozedur: Ich bat Menschen, mir die Sachen, die sie auf dem Dachboden aufbewahren, zu beschreiben und versuchte anhand dessen, diese Gegenstände in Miniatur nachzubauen, ohne die Besitzer und deren Dachböden je gesehen zu haben.

Die Arbeit nahm die Form einer Performance samt Installation-in-Arbeit über mehrere Tage an. Ich arbeitete im Ausstellungsraum selbst, brachte die Miniaturartefakte auf den Dachboden des Puppenhauses als sie fertig wurden.

Wie schon bei public attic / ausgestellter speicher bat ich die Teilnehmenden mir zu erzählen, warum sie die Sache(n) ausgelagert hatten. Um es zu vereinfachen, stellte ich eine Liste möglicher Gründe bereit, worin auch weitere Angaben gemacht werden könnten. Diese Dokumente wurden ebenfalls ausgestellt.

Diese Arbeit habe ich zweimal aufgeführt, zunächst in Wroclaw, Polen (als Teil der Ausstellung Zamieskanie / Sich Einrichten / Inhabiting), danach in Dresden bei Ohne uns! Kunst & alternative Kultur in Dresden vor und nach ’89.

MEHR über die beteiligte Institutionen:

(Übersetzung: “Der Bedeutsamkeitsinstinkt”)                                                                                                                                                      
Performance

The Mattering Instinct ist eine Lecture-Performance und Installation, in der philosophische Ideen nicht nur durch Sprache vermittelt werden, sondern auch durch Objekte und Spiel, Bewegung und Gesten. Anstelle der in der Wissenschaft üblichen PowerPoint-Präsentation werden die Möglichkeiten künstlerischer Inszenierung erkundet.

Der Arbeit liegt die „mattering theory“ der bekannten U.S.-Amerikanischen Philosophin Rebecca Newberger Goldstein zugrunde. Aus ihren Aufsätzen, Reden und Interviews kompilierte ich das Skript für die Lecture-Performance. Eine Rauminstallation wird von der Figur einer Philosophin und von zwei Tänzer*innen bespielt. Die Darstellenden verkörpern die philosophischen Gedanken unter Verwendung von verschiedenen Objekten und szenischem Spiel, setzen sie um und kommentieren sie. Abstrakte Sachverhalte werden so für ein breiteres Publikum sichtbar und zugänglich gemacht.

Darüber hinaus entfaltet die Performance zusätzliche Dimensionen: Sie transformiert die philosophischen Ideen spielerisch und mit Humor, ohne den konzeptionellen Kern aus dem Auge zu verlieren. Die Erstaufführung findet 6. und 7. Mai 2022 in der Heiliggeistkirche Heidelberg statt. Danach läuft dort bis Oktober 2022 eine Videoinstallation der Performance, mit einer Broschüre für die Besucher (englische Originalfassung und deutsche Übersetzung).


Sobald wir wissen, dass wir sind, wollen wir, dass das, was wir sind, etwas bedeutet, dass wir von Bedeutung sind, dass wir „Bedeutsamkeit“ besitzen. Diese „Bedeutsamkeit“ ist für Menschen wesentlich:

„Wir können kein Eigenleben führen, ohne zu glauben, dass unser Leben von Bedeutung ist … klinische Depression ist der Zustand, wenn man überzeugt ist, dass das eigene Leben nicht von Bedeutung ist und dass es nie von Bedeutung sein wird. Das ist eine pathologische Haltung und es hebt durch diese Pathologie die Funktion hervor, die der ‚Bedeutsamkeitsinstinkt‘ normalerweise hat. Denn um eine vollständig lebenstüchtige, nicht deprimierte Person zu sein, muss man leben und handeln als hätte man selbstverständlich ein Eigenleben zu führen, als ob man im eigenen Namen handeln darf, dass man seine eigenen Ziele verfolgen kann und darf. Und dass wir das Recht besitzen, in Übereinstimmung mit unserem Bekenntnis, dass wir von Bedeutung sind, dass wir Bedeutsamkeit besitzen.“ (Auszug aus dem Interview, The Mattering Instinct: A Conversation with Rebecca Newberger Goldstein der Edge Foundation, 2016, übersetzt von Janet Grau)

(Übersetzung: “Ich fliege davon”)
IN ARBEIT                                                                                                                                                        
Langzeitprojekt (Fotografie, Nadelarbeit)

Endlos viele Stunden in eine Arbeit stecken. Kreuzstichstickerei als aufwändige (und absurde) Bildreproduktionstechnik.

Der Arbeitsprozess ist komplex, vielschichtig und wahnsinnig zeitintensiv—darum geht es aber. Es geht um Zeit und es geht auch darum, einen Abstand zu den Fotos durch den Arbeitsprozess zu gewinnen. Es ist auch ein Spiel mit der Wahrnehmung. Ich experimentiere mit dem Detaillierungsgrad und der Farbtreue soweit, bis jemand, der das Originalfoto kennt, die gestickte Version sofort wiedererkennen kann, aber für andere bleibt sie unkonkret.

Ich wandele ausgewählte alte Familienfotos in vereinfachte Pixelstrukturen um, reduziere die Anzahl der Farben von Millionen bis auf eine beliebige Zahl (vielleicht 27 oder 56 oder 84), passe diese den Stickgarnfarben an, arbeite systematisch mit komplexen Vorlagen. Das alles steht in starkem Kontrast zum Inhalt der Bilder, welche immer nur einen einzelnen Moment – einen Bruchteil einer Sekunde –darstellen.

Für mich sind die Stickereien eher als Objekte denn als Bilder zu verstehen. Deshalb werden sie zusammen mit den Arbeitsskizzen, Farbmustertabellen, usw. sowie mit anderen Objekten in einer Installation präsentiert (Arbeitstitel I’ll Fly Away).

(Übersetzung: “Ich Glaube, Ich Weiß, Was Du Sagen Willst”)
Installation mit Fotografie, Video, Zeichnungen & Objekten, 2014
@ Atelier und Künstler, Kommandantenhaus Dilsberg

I Think I Know What You Want To Say ist ein Kunstwerk, das sich mit der Idee beschäftigt, etwas Ungegenständliches zum Gegenstand einer Sammlung zu machen, nämlich die menschliche Körpersprache, unsere Gesten und Gebärden. Wie kann ich eine solche imaginäre Sammlung anlegen, sie organisieren und für andere sichtbar machen? Welche „Nichtgegenstände“ nehme ich in meine Sammlung auf? Kann ich meine noch nicht existierende Sammlung zuerst ordnen, um dann nach meinem angelegten Ordnungssystem gezielt zu sammeln? Welche Rolle spielt die Sehnsucht, welche der Zufall?

In dieser Arbeit geht es auch um zwischenmenschliche Kommunikation und um den Prozess der Zusammenarbeit, um das Verstehen (bzw. Missverstehen) des Gegenübers. Wie weisen wir Gedanken und Einstellungen, auch Wünsche und Absichten, anderen Individuen zu? Verstehe ich wirklich, was Du mir sagst? Verstehe ich, was Du mir sagen WILLST?

Die in Videos und Bildern zu erlebenden Gesten wurden nach 13 von mir aufgestellten Kategorien gesammelt (die wiederum als Text-Zeichnungen selbst Teil der Installation bilden):

Ich habe mit mehr als 40 Menschen in Heidelberg und Umgebung gearbeitet, um die Sammlung zusammen zu stellen.

 

ANDERE ÜBER DIE ARBEIT
Dr. Hans-Jürgen Buderer (ehem. Direktor Kunst- und Kulturgeschichte, Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim) im Ausstellungskatalog über die Arbeit:

„Hinter dem ein wenig verspielt poetischen Titel verbirgt sich eine der für Janet Grau so typischen subtil und differenziert durchdachten Aktionen, die in der Ausstellung im Kommandantenhaus auf dem Dilsberg dem Besucher in einer Medieninstallation bildnerisch gegenwärtig wird. […] Betrachtet man den Gestenkatalog, den Janet Grau entwickelt… [wird es deutlich, dass sie] die Ordnungskriterien ihrer Gestensammlung nicht aus der wissenschaftlichen Strukturierung beobachteter Gestenformen ableitet. In deutlicher Analogie zu Italo Calvino entwickelt sie einen Katalog aus der Reflexion über mögliche subjektive Bedürfnisse und Erwartungen eines imaginären Beobachters. […] Das Projekt I Think I Know What You Want to Say impliziert einen die Künstlerin immer wieder inspirierenden Grundgedanken, nämlich die Frage, ob und wie wir uns in unseren gängigen Formen der Kommunikation überhaupt verstehen.“

(Übersetzung: “Gesundschrumpfung”)
Video / Installation, 2007
@ American Beauty, galerie baer, Dresden

Nachdem ich bereits in zwei Arbeiten, public attic / ausgestellter speicher und portable attic, die Gründe untersucht hatte, warum etwas aufbewahrt oder weggeworfen wird, richtete ich den Fokus auf meine eigene persönliche Geschichte und entwickelte die Arbeit downsizing.

Als ich 1999 nach Deutschland zog, lagerte ich einige meiner Habseligkeiten in den USA ein und ließ sie zurück. Im Jahr 2006 baten mich meine Eltern, meine Sachen zu holen. Diese sortierte ich in zwei Gruppen – die Sachen, die ich mitnehmen konnte und die, die ich entsorgen musste. Ich nahm genau soviel (Größe, Gewicht) wieder mit, wie es die Fluggesellschaft erlaubte.

Die Installation downsizing nutzte Gegendstände, Bilder, Texte und Video, um die Geschichte dieses Vorgangs – und die Geschichten hinter den Objekten – darzustellen.

 

Although the content was indeed autobiographical, the form and tone of the work was somewhat ironic, a bit quirky, and intentionally melodramatic.

Obwohl der Inhalt schon autobiografisch war, die Form und der Ton der Arbeit war eher ironisch, ein bisschen merkwürdig und absichtlich melodramatisch.

So hieß die Gruppe Gegenstände, die ich mit nach Deutschland nahm, „the survivors“ („die Überlebenden“). Diese Dinge – samt Koffer und Transportkisten – wurden in ihrer banalen Verletzlichkeit in der Galerie ausgestellt, begleitet von einer Dokumentation, welche die Gründe, weshalb sie „gerettet wurden“, preis gab.

Andererseits wurden die Sachen, die entsorgt werden mussten, als „the sacrificed“ („die Opfer“) bezeichnet. Selbstverständlich konnten diese nicht gezeigt werden und waren deshalb nur als Sujet des Videos anwesend. Zuschauer konnten über meine Schulter schauen und zuhören, als ich Texte vorlas, die an die entsorgten Gegenstände adressiert waren und jede Menge (triviale) autobiografische Details enthielten.

Installation (Fotografie, Video, Ton, Texte & Objekte), 2006
@ Depot der Gegenwart, Stadtmuseum Dresden

public attic / ausgestellter speicher ist eine Arbeit über das Sammeln, Aufbewahren und Entsorgen, die Ausgelagertes wieder sichtbar macht und Erzählungen sich entfalten lässt.

Für diese Arbeit habe ich 34 Personen besucht, die bereit waren, mir Objekte aus ihren gelagerten Beständen zu zeigen. Wir unterhielten uns über diese Gegenstände und sie erzählten mir, warum sie die Sachen auf dem Dachboden aufbewahren. Ich habe verschiedene Medien genutzt (z.B. Fotografien, Video- und Tonaufnahmen), um diese Gegenstände zu ’sammeln‘ und den ‚ausgestellten Speicher‘ zu konstruieren. Die Rauminstallation evozierte den Charakter eines Dachbodens und die Besucher durften auch tatsächlich darin stöbern.

 

Der ‚ausgestellte Speicher‘ war ab der Eröffnung der neuen ständigen Ausstellung des Stadtmuseum Dresden für sechs Monate im Depot der Gegenwart zu Gast.

An den Außenwänden dieses Ausstellungsraums waren die Befragungsbögen zu sehen, welche bei jedem Dachbodenbesuch ausgefüllt worden waren. Darauf beantworteten die Dachbodenbesitzer bzw. –benutzer meine Fragen zu den Objekten, die sie mir zeigten. Verschiedene Gründe zum ankreuzen (z.B. Erinnerung / Überraschung, narratives Potential, Investition, Zusammenhang mit einem starken Gefühl, Platzerwägungen, Pflichtgefühl usw.) sollten helfen, die Frage zu beantworten: „Warum wurde der Gegenstand ausgelagert?“ (siehe einen der 34 Fragebögen).

In der Rauminstallation befanden sich viele Kisten und Koffer, welche Objekte beherbergten, die ich von einigen Dachbodenbesitzern mitgenommen hatte und dem Publikum zugänglich machen durfte. Die Fotos wurden direkt auf die mit MDF-Platten verkleideten Wände bzw. auf die Kartons angebracht, das Videomaterial auf zwei Monitoren (mit Kopfhörern) präsentiert. Neben einem Sessel in der Ecke war eine Tonaufnahme zu hören – eine Auflistung aller Gegenstände, die ich für den Dachboden ‚gesammelt‘ hatte, in den Worten deren Besitzer ausgedrückt (Sprecherin: Kerstin Katrin Birn).

Ab und zu im Laufe der Ausstellung wurden neu gesammelte Objekte sowie neue Erzählungen ‚auf den Dachboden‘ gebracht. Der Katalog (48 Seiten, Deutsch und Englisch) für public attic / ausgestellter speicher beinhaltet persönliche sowie kritische Texte zum Thema, wie auch Bilder und Erzählungen.

MEHR über die beteiligte Institutionen:

LESEN Texte aus dem Ausstellungskatalog: