Als ich 2012 nach Heidelberg gezogen war, entdeckte ich das Museum Sammlung Prinzhorn für Kunst von Menschen mit psychischen Ausnahme-Erfahrungen. Wie andere Künstler vor mir habe ich eine große Lust gespürt, mich selber auf die Sammlung zu äußern. Die partizipatorische Arbeit extrem interessant ist für mich nur eine unter vielen Möglichkeiten, auf so eine tolle Sammlung zu reagieren.
Ich habe Menschen unterschiedlicher Alters- und Berufsgruppen eingeladen, sich mit einigen Arbeiten aus der Sammlung auseinanderzusetzen, die von dem französischen Maler Jean Dubuffet kommentiert worden waren, als er die Sammlung 1950 besuchte. In seiner Liste bewertete er die gesehenen Werke – meist in knappen Worten (z. B. „extrêmement intéressant“, „pas bien“ oder sogar „mediocre“). Die Ausstellung Dubuffets Liste rekonstruierte möglichst umfassend Dubuffets Blick auf die Sammlung.
Mit nur einer Ausnahme haben sich die eingeladenen Gäste zu zweit die Arbeiten im Museum angeschaut; ich habe die jeweilige Situation mit der Videokamera festgehalten.
extrem interessant zeigt die Gespräche, die diese Personen führten. Jede von ihnen wählte eine Reproduktion eines Bildes aus, so dass immer zwei Bilder besprochen wurden. Die Reproduktionen sind für die Kamera nicht sichtbar. Das heißt, dokumentiert wurde nur die Rezeption.
Für die Gespräche wurden aus der Fülle der Exponate 15 in eine Vorauswahl genommen – eine konzentrierte Subgruppe der Ausstellung mit Werken, die Dubuffet definitiv gesehen und beurteilt hat. So könnte man seine Bewertungen neben heutige Reaktionen stellen.
In der Dialogsituation sind die Bilder unmittelbar für beide Dialogpartner präsent. Sie schildern ihre ganz persönlichen Eindrücke, beschäftigen sich relativ lange mit den Werken, sie tauchen miteinander in die Bilder ein, entdecken beim Sprechen weitere Details und bücken sich, um genauer zu schauen. Worte reichen oftmals nicht aus, Gesten werden zu Hilfe genommen.
Weil die Teilnehmer nur Kopien vor sich haben, können sie sogar die Bilder berühren und drehen, wovon sie tatsächlich häufig Gebrauch machen.
Die Dialogpartner beziehen sich dabei in entspannter Konzentration auf einen Gegenstand, der dem Betrachter des Videos entzogen bleibt. Dieser ist eingeladen, sich anhand der Beschreibung sein eigenes Bild zu machen und sich in (dem Katalog) der Ausstellung auf die Suche nach den beschriebenen Werken zu begeben. Dabei kann er sowohl Dubuffets Urteil wie seine eigene Einschätzung prüfen und reflektieren.
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